Montag, 27. Oktober 2014

Last Steckerlfisch

Ja, das war er wohl, der letzte Steckerlfisch in diesem Jahr. Noch dazu im Oktober. Aber wenn der Sommer so verregnet ist, dass Biergarten zum Totalausfall wird, werden die sommer-typischen Unternehmungen eben auf die Oktobertage mit Kaiserwetter verlegt. Wir haben noch einen Steckerlfisch-Gutschein, den es einzulösen gilt.

Es hätte mir wahrscheinlich zu denken geben sollen, dass der kleine Krautgärtner nur minimal gemotzt hat als er von unseren Plänen entlang der Isar zum Seehaus im Englischen Garten zu radeln gehört hat. Bis Höhe Tierpark gings ja auch noch ganz gut. Aber plötzlich ist ihm wohl eingefallen wie uncool und Sch... Radeln doch ist. Noch dazu mit den eigenen Eltern. Geht gar nicht! Also hat er das Tempo rausgenommen und wir sind im Schneckentempo über die Radwege gekrochen. Mit Radeln hatte das nichts mehr zu tun. Wirklich! Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie von so vielen Omis und Kleinkindern auf dem Fahrrad überholt worden wie am Sonntag. Und das an einem Tag wo außer uns Abermillionen Münchner in den Isarauen unterwegs waren. Gut, dass einem als Mutter (fast) gar nichts mehr peinlich ist! Zwischendurch hegte ich sogar die Befürchtung, dass wir vor Einbruch der Dunkelheit gar nicht am Seehaus ankommen würden.

Irgendwann haben wir es aber tatsächlich geschafft und das Kind war wieder versöhnt als wir uns direkt neben dem Spielplatz häuslich niedergelassen haben. Brezn, Spezi und der Steckerlfisch haben die Laune dann endgültig gehoben.


Netter Nebeneffekt. So ein Steckerlfisch eignet sich wunderbar für praktischen Biologieunterricht :-)  Rechts zu sehen sind der Kiemenbogen, die Kiemenblättchen und die Reusen.

Aber dummerweise hat die Eröffnung, dass wir den Heimweg nicht per Teleportation zurücklegen können, wieder zu einem dramatischen Stimmungseinbruch geführt. Also, was tun? Wir wählen eine Alternativroute mitten durch die Stadt München, die an Unmengen touristischer Highlights vorbeiführt und hoffentlich die gewünschte Ablenkung bewirkt.

Vom Kleinhesseloher See aus bietet es sich an, durch den Englischen Garten Richtung Chinesischer Turm und Monopteros zu radeln.


Trotz aufmunternder Kommentare vom Nachwuchs ("Was soll ich da? Wozu ist der blöde Monopteros gut? Warum müssen wir da hin?") stellen sich bei mir Erinnerungen an meine Studienzeit ein. Wie jeder ordentliche hüstel Münchner LMU-Student habe ich einen (Groß-)teil der Vorlesungen im Englischen Garten oder - im Winter - im Schelling Salon verbracht.

Gott sei Dank dringen wilde Trommelklänge zum Monopteros herauf und wir finden tatsächlich ein Ziel, das auch dem Kind erstrebenswert scheint. Also Hügel runtergeradelt in Richtung Getrommle. Mitten auf der Wiese hat sich ein buntes Völkchen von Alt-Hippies (wobei die Betonung durchaus auf Alt liegt), Typen mit Rastalocken und mitwippender Zuhörer/-schauer eingefunden. Über dem Ganzen liegt genau derselbe Geruch aus warmer Erde, Schweiß, Alkohol und einem nicht näher zu definierenden süßlichen Duft wie schon vor 30 (äh, vielen) Jahren. Es herrscht eine tolle Stimmung und für das Kind gibt es genug zu sehen um die blöde Radelei ein bißchen zu vergessen. Eine ältere (also noch älter als ich) Zuschauerin mit buntem Turban, wehenden Kleidern und orthopädischen Schuhen tanzt im Takt der Trommeln über die Wiese. Merke: Auch in orthopädischen Schuhen kann man einen Heidenspaß haben!

Weiter gehts immer durch den Englischen Garten zum Haus der Kunst und zu den Eisbachsurfern - ohne Gemecker.





Von dort ist es nur ein Katzensprung (oder wie heißt das Äquivalenz mit dem Radl)  durch den Hofgarten, vorbei an der Staatskanzlei und den Tangotänzern im Pavillon (allerdings war das wohl etwas anderes als Tango, was an dem Abend getanzt wurde) zu  den Löwen in der Feldherrnhalle.




Ab da wirds dann wieder etwas schwieriger mit der Motivation. Einen kleinen Anreiz bieten die Schaufenster in der Fußgängerzone rund um den Marienplatz. Von dort sind es schließlich nur noch 7 km nach Hause, die - Gott sei Dank - deutlich schneller als auf dem Hinweg zurückgelegt werden. Vor lauter Vorfreude auf die heimische Eisdiele und aufgrund des starken Mitteilungsbedürfnisses über die Erlebnisse des Nachmittags vergißt der kleine Krautgärtner nämlich glatt seinen Grant und tritt in die Pedale.


Da sieht man mal wie schnell aus einem banalen Steckerlfisch-Gutschein eine ausgewachsene Sightseeingtour (mit Abstechern in die Vergangenheit) werden kann.

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